Was sind Bromelien

Aus Deutsche Bromelien-Gesellschaft e. V.
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Ananasstaude.JPG

Niemand soll behaupten, er kenne keine "Bromelien". Denn eine Art ist - zwar nicht als Zierpflanze, sondern als Nutzpflanze - heute in aller Munde, nämlich die Ananas. Sie war es auch, die als erste Vertreterin ihrer Familie schon sehr bald nach der Entdeckung Amerikas ihren Weg nach Europa fand. Den Namen Bromelien (lat.: Bromeliaceae) erhielten sie durch den französischen Botaniker Charles Plumier, der sie 1703 [1] erstmals publizierte und nach seinem Freund, dem schwedischen Arzt und Botaniker Olaf Bromel (1639-1705) benannte. Im deutschsprachigen Raum werden sie allgemein auch als "Ananasgewächse" bezeichnet.


Verbreitung

Verbreitungskarte

Bromelien findet man ausschließlich in der Neuen Welt, also in den beiden Amerikas. Einzig die Art Pitcairnia feliciana kommt in West-Afrika vor. Das Verbreitungsgebiet der Bromelien erstreckt sich vom Süden der USA über Mittelamerika bis weit nach hinunter nach Argentinien und Chile. Sie sind dort in fast allen Lebensräumen anzutreffen. Alle Wüstengebiete der Neuen Welt, sogar die trockenste Wüste der Welt, die Atacamawüste, zählen dazu. Egal ob feucht-heiße Tieflandregenwälder, trockene Kakteen- und Dornwälder oder die feucht-kühle Berg- und Nebelwälder der Gebirge. Selbst auf den Tafelbergen Venezuelas (Tepuis) und in den Páramos der Anden in über 4000 m Höhe sind noch Bromelien zu finden.


Ökologie

Etwa die Hälfte aller bekannten Bromelien-Arten lebt epiphytisch, das heißt sie leben an oder auf anderen Pflanzen, jedoch ohne sie dabei zu beschädigen. Sie sind keine Parasiten, wie sie oft fälschlicherweise von Einheimischen bezeichnet und leider auch so behandelt werden. Bromelien können aber auch an Felsen (lithophytisch) oder auf dem Boden (terrestrisch) vorkommen. Da ihre Standorte manchmal stark austrocknen können, haben einige Arten begonnen, aus den Basen ihrer Blätter einen Blatttrichter oder Zisterne auszubilden, in denen sie Wasser sammeln können. Dieser kann bei großen Arten mehrere Liter Wasser speichern und hilft den Pflanzen längere Trockenphasen auszugleichen. Gleichzeitig stellen diese kleinen Teiche ein eigenes Biotop dar und bieten anderen Lebewesen Platz, oft zu gegenseitigem Nutzen. Insekten-Arten dienen diese Trichter als Brutstätte für ihre Larven, tropische Baumfrosch-Arten leben und laichen in ihnen und auch einige Wasserpflanzen leben darin. Selbst Krabben sind schon in Bromelientrichtern gefunden worden. In extrem nährstoffarmen Regionen haben sich vereinzelt Bromelien sogar zu Fleischfressenden Pflanzen (Karnivoren) entwickelt.

Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch Tiere, besonders Vögel oder auch durch Schmetterlinge und andere Insekten; nur Navia-Arten werden vom Wind bestäubt. Manche Bromelien spezialisieren sich auf eine ganz bestimmte Gruppe von Bestäubern. So werden etwa Werauhias von Fledertieren bestäubt, sie blühen dann nur nachts, wenn auch diese Tiere aktiv sind und haben große weiße oder weißliche Blüten oder Pitcairnias, deren lange röhrenförmige Blüten genau den Schnäbeln von dort lebenden Kolibris entsprechen.


Wuchsform und Blätter

So vielseitig wie ihre Lebensräume so ist auch ihr Aussehen. Nicht nur innerhalb der Familie, selbst innerhalb einer Gattung können Größe und Form so stark variieren, dass man kaum glauben kann, dass sie nahe miteinander verwandt sind. Die Größe reicht von ein paar Millimetern bis hin zu mehreren Metern.

Bromelien sind mehrjährige, ausdauernde, immergrüne Stauden. Selten kommen Arten vor, die in der Trockenzeit laubabwerfend sind, wie zum Beispiel Pitcairnia heterophylla. Ihr Hauptsproß blüht stets nur einmal und stirbt nach der Reife seiner Samen ab. Dieses Absterben vollzieht sich jedoch nur allmählich denn sie bilden zur selben Zeit Erneuerungssprosse (sogenannte Kindel), die die Fortführung des Sprosssystems übernehmen und zur Vermehrung verwendet werden können. Nur wenige Arten sterben nach der Blüten- und Samenbildung vollständig ab. Meistens besitzen Bromelien eine gestauchte Sprossachse, also eine Blattrosette als typische Wuchsform. Es gibt allerdings auch einige Arten, deren Sprossachse nicht gestaucht ist und kleine Stämmchen bilden.

Die parallelnervigen Laubblätter sind wechselständig und spiralig angeordnet, seltener zweizeilig wie etwa in der Untergattung Diaphoranthema der Gattung Tillandsia. Die Blätter besitzen i.d.R. keinen Blattstiel (Ausnahme hierbei einige Pitcairnia-Arten). Die Ränder können glatt oder bestachelt sein. Manche Tillandsien rollen ihre Blattspitzen korkenzieherartig ein um sich an umgebenden Zweigen oder Ästen festzuklammern.

Gemeinsam sind allen Vertretern der Familie die sogenannten Schuppenhaare (Saugschuppen, Trichome) auf den Blättern. Je nach Lebensweise und Standort umhüllen die Schuppen ein Blatt ganz oder teilweise und geben ihm dabei ein streifenförmiges Muster oder grauen bis weißen Schimmer. Die Saugschuppen erfüllen dabei mehrere Zwecke. An stark sonnigen Standorten reflektieren sie das Sonnenlicht und können so Wasserverluste durch zu starke Blattverdunstung reduzieren. Gleichzeitig vergrößern sie die Blattoberfläche um ein Vielfaches, was in niederschlagsarmen aber nebelreichen Regionen zu verstärkter Taubildung auf den Blättern führt. Der Tau und die darin gelösten Nährstoffe werden dann durch die Saugschuppen wie von Löschpapier aufgesaugt und ins Blattinnere geleitet. Manche Bromelien haben dies so weit perfektioniert, dass sie nahezu vollständig auf Wurzeln verzichten und sich ausschließlich über die Saugschuppen ernähren wie das bekannte Louisiana-Moos (Tillandsia usneoides).


Wurzeln

Wie bei allen einkeimblättrigen Pflanzen stirbt die Hauptwurzel kurz nach der Keimung ab und es werden sogenannte sprossbürtige Wurzeln (Adventivwurzeln) gebildet. Am Boden lebende Arten haben ein gut ausgebildetes Wurzelsystem, welches zur Wasser- und Nährstoffversorgung beiträgt. Dagegen dienen die Wurzeln bei den epiphytischen Arten vor allem der Befestigung des Pflanzenkörpers auf dem Untergrund. Bei wenigen Arten (beispielsweise Tillandsia usneoides) werden nach dem Absterben der Primärwurzel keine weiteren Wurzeln gebildet.


Blüten und Blütenstände

Puya raimondii

Wie alle übrigen einkeimblättrigen Pflanzen so haben auch Bromelien stets dreizählige Blüten. Das bedeutet dass die Anzahl ihrer Blütenorgane (Kelch- und Kronblätter, Staubgefässe und Fruchtblätter) immer durch die Zahl 3 teilbar ist. Also drei Kelchblätter, drei Kronblätter, sechs Staubblätter und der Fruchtknoten, welcher aus drei Fruchtblättern besteht. Oft wird die Signalwirkung zur Anlockung der Bestäuber durch sehr dekorative Hoch- oder Tragblätter (Brakteen) unterstützt.

Bromelienblüten sind überwiegend zwittrig, das heißt, sie haben männliche und weibliche Blütenorgane in einer Blüte vereint. Nur bei einer kleinen Zahl von Arten sind die Blüten eingeschlechtig, man nennt diese Arten dann zweihäusig und es gibt rein männliche und rein weibliche Pflanzen (z.B. die Gattungen Androlepis, Hechtia und einige Arten bei Catopsis und Aechmea]. Duft kommt bei Bromelienblüten leider nur sehr selten vor.

Die Blütenstände (Infloreszenzen) sind einfache oder zusammengesetzte Trauben oder Rispen und sehr unterschiedlich gestaltet. Während sie bei der Gattung Neoregelia tief in deren Trichter eingesunken manchmal kaum sichtbar sind, kann es der Blütenstand einer Puya raimondii mit seinen Tausenden von Einzelblüten auf imposante acht (!) Meter bringen. Diese Art hat es damit nebenbei ins „Guinness-Buch der Rekorde“ als Pflanze mit dem längsten Blütenstand der Welt geschafft.


Früchte und Samen

Bromelien bilden trockene Kapselfrüchte oder Beeren aus. Die Früchte sind oft ein entscheidendes Merkmal bei der Bestimmung. Eine Sonderstellung nimmt dabei die Ananas ein. Ihre "Frucht" ist eigentlich ein ganzer genießbarer Fruchtverband (Synkarpium), bei dem die einzelne Frucht kaum noch als solche zu erkennen ist.

Die Beeren bleiben zum Zeitpunkt der Samenreife geschlossen und werden von Tieren gefressen, welche die Samen unverdaut ausscheiden und so verbreiten. Dagegen bilden sich in Kapselfrüchten geflügelte oder mit fallschirmartigen Anhängseln besetzte Samen aus, die vom Wind fortgetragen werden.


Systematik

Zur Familie der Bromeliaceae gehören nach heutigem Stand rund 60 Gattungen und rund 3000 Arten. Bis vor wenigen Jahren wurde sie in drei Unterfamilien unterteilt.

Tillandsioideae: Mit trockenen Kapselfrüchten und Samen mit fallschirmartigen Anhängseln, Blattränder stets glatt und unbestachelt.
Bekannteste Gattungen: Tillandsia, Guzmania, Vriesea und Catopsis.
Bromelioideae: Einzige Unterfamilie mit Beerenfrüchten und Samen ohne Anhängsel, Blattränder meist bestachelt.
Bekannteste Gattungen: Aechmea, Ananas und Neoregelia.
Pitcairnioideae: Mit trockenen Kapselfrüchten und meist geflügelten Samen, Blattränder meist bestachelt.
Bekannteste Gattungen: Puya und Pitcairnia.

Nach neuesten (2007 bis 2011) Untersuchungen kommen weitere Unterfamilien dazu, die alle bisher in der Unterfamilie Pitcairnioideae vereint waren sodass man heute von insgesamt acht Unterfamilien spricht.[2][3]


Verwendung

Wenige Arten aus der Familie der Bromeliaceae werden vom Menschen als Nutzpflanze verwendet. Die ohne Frage größte wirtschaftliche Bedeutung haben die Ananas-Arten und ihre Sorten. Auch die Früchte der rund um die Karibik verbreiteten Bromelia karatas sind essbar und sehr schmackhaft. Aus den Stämmen von Bromelia karatas und Bromelia laciniosa (in Brasilien Macambira genannt) wird nach Kochen und Sonnentrocknung ein Stärkepulver produziert, und die Herzen einiger Puya-Arten in den Anden werden als Salat verwendet und sind auch Lieblingsspeise der Brillenbären (Tremarctos ornatus).

Neben den Früchten liefern Ananas-Arten auch Fasern, die zu Seilen und Tauwerk aber auch hochwertigen Textilien[4] und Papier[5] verarbeitet werden können. Auf den Phillipinen wird daraus das traditionelle Herrenhemd „Barong Tagalog“[6] gefertigt. Einige andere Bromelien werden auch zur Gewinnung von Fasern genutzt, wie zum Beispiel Neoglaziovia variegata oder Deinacanthon urbanianum.

Aus Pflanzenteilen von Ananas-Arten wird das proteinspaltende Enzym Bromelain isoliert, das dazu verwendet wird, um Fleisch zarter zu machen (es könnten auch andere Arten dazu verwendet werden, da Bromelaine in der Familie weit verbreitet sind). Das Louisiana-Moss (Tillandsia usneoides) wird als Verpackungs- und Polstermaterial verwendet.

Von den heute bekannten rund 3000 Arten sind wenigstens 500 kulturwürdige Zimmerpflanzen. Am häufigsten für den Verkauf kultiviert werden die „Lanzenrosette“ Aechmea fasciata, Guzmania und Vriesea-Hybriden und das bekannte „Flammende Schwert“ (Vriesea splendens).


Quellen


Einzelnachweise

  1. Jason R. Grant An Annoted Catalogue of the Generic Names of the Bromeliaceae, In: The Marie Selby Botanical Gardens, 1998. (Herkunft der Gattungsnamen in der Familie der Bromeliaceae in englischer Sprache)
  2. T. J. Givnish, J. C. Pires, S. W. Graham, M. A. McPherson, L. M. Prince & T. B. Patterson: Phylogeny, biogeography, and ecological evolution in Bromeliaceae: Insights from ndhF sequences. in J. T. Columbus, E. A. Friar, J. M. Porter, L. M. Prince, & M. G. Simpson: Monocots: Comparative Biology and Evolution. Poales, Rancho Santa Ana Botanical Garden, Claremont, 2007, 23, Seite 3-26.
  3. Thomas J. Givnish, M. H. J. Barfuss, B. Van Ee, R. Riina, Katharina Schulte, Ralf Horres, P. A. Gonsiska, R. S. Jabaily, D. M. Crayn, J. A. C. Smith, K. Winter, Gregory K. Brown, T. M. Evans, Bruce K. Holst, Harry E. Luther, Walter Till, Georg Zizka, P. E. Berry & Kenneth J. Sytsma: Adaptive radiation and diversification in Bromeliaceae: insights from a 7-locus plastid phylogeny, In: American Journal of Botany, Volume 98, Issue 5, 2011, S. 872-895: PDF.
  4. Piña - Ananasfasern in der englischsprachigen Wikipedia.
  5. The Blue Pineapple Story - Papier aus Ananasfasern, englisch
  6. Barong Tagalog in der englischsprachigen Wikipedia.